20 Jahre AG Antifa — Party

20jahre ag antifa
Freitag, 19. Dezember 2014
VL, Ludwigstraße 37, Halle

20 Uhr: „Was heißt Antifaschismus heute?“
Podiumsveranstaltung
mit Vertretern der
AG Antifa, AG »No Tears for Krauts«, Antideutsche Aktion Berlin, Beatclub Dessau, Gesellschaftskritische Odyssee, Initiative Sozialistisches Forum, Miteinander e. V., Redaktion Bahamas, VL Ludwigstraße

anschließend:
The Love Dictators (Montenegro) EuroDance
DJ Sören Glutamat (Kreuzberg 36) 50s & 60s
DJ Raketa Moretti (06114–nazifrei) Electro

Antifaschistische Hochschultage im Wintersemester 2014/2015

No Tears for Wuschel!

Es ist tragisch: Kaum bezeichnet man einen Berliner Kuschel- und Wuschel-DJ als Abziehbild einer harmoniesüchtigen Wohlfühllinken, beweisen die Reaktionen wie recht man hat. Mehr noch: Hatten wir beim Verfassen unseres Flugblatts gehofft, dass wir daneben liegen und die versprengte postantideutsche Restszene es als Zumutung empfindet, in einem Atemzug mit einer Vollpflaume wie Daniel Kulla genannt zu werden, übertrafen die Kommentare unsere schlimmsten Erwartungen. Da erklärte jemand ganz ernsthaft, dass der Dany, doch ein „ganz lieber Wuschel“ sei. Ein anderer, der trotz regelmäßiger Marx-Zitation noch nie eine von dessen Polemiken gegen Schapper, Willich, Vogt gelesen zu haben scheint, verlor auch den letzten Rest seines Unterscheidungsvermögens und zog Verbindungen zwischen dem Flugblatt von No Tears for Krauts und den Hinrichtungsvideos des IS.

Es waren vor allem drei Dinge, die auf Empörung stießen: Die werte Internetgemeinde entrüstete sich (1.) darüber, dass wir verraten hatten, dass Daniel „Wuschel“ Kulla nichts vernünftiges gelernt hat, (2.) wurde uns vorgehalten, dass wir uns über sein Aussehen lustig gemacht hätten, und (3.) wurde beanstandet, dass wir während seines Vortrags in Halle, bei dem er – kein Witz! – versuchte, den Zusammenhang von Antisemitismus und Kapitalverhältnis mit dem Schaubild einer Powerpoint-Präsentation zu erklären, nicht mit ihm diskutiert haben. Dazu nur drei Kleinigkeiten:

  1. Uns interessiert nicht, was Kulla privat macht. Es geht vielmehr darum, was er öffentlich von sich gibt. Dass es da kaum einen Unterschied gibt, liegt nicht an uns, sondern daran, dass Wuschel seine 2.100 Facebook-„Freunde“ auch über die persönlichsten Details informiert. Wir sind von diesem Mitteilungsdrang genauso peinlich berührt wie von seiner Selbstinszenierung als Repräsentant einer goldenen Mitte der Linken. Um diesen einheizenden Opportunismus zu erklären, der die dümmsten Anti-Pat-Parolen zu tolerieren bereit ist, kann man entweder auf Kullas „Natur“ verweisen, was uns fern liegt. Oder man kann seinen Zuhörern, gegen die unser Flugblatt primär gerichtet war, sagen, dass ihnen die wuscheligen Aussagen auch darum so gut gefallen, weil sich Kulla nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen an ihren Wünschen orientieren muss. Das richtet sich weniger gegen Kulla, der einem fast leidtun kann, als gegen sein Publikum, das nur sich selbst zuhören will. Fakt ist jedenfalls: Hätte der Wuschel ein verlässlicheres finanzielles Standbein als linke Klitschen, hätte er sich nicht in eine Vokü in Menschengestalt verwandeln müssen. Die Aufregung über diese Banalität ist entweder so groß, weil die Mehrheit der Gemeinde weiß, dass auch sie nichts Vernünftiges gelernt hat: Als Politikwissenschaftler, Soziologen, Medienmenschen sind die meisten Linken zu einem ähnlichen Dasein als Vor- und Nachplapperer verurteilt wie der Wuschel – nur mit anderen, z.T. einträglicheren Bezugsgruppen. Oder man ist empört, weil jemand ausgesprochen hat, was alle wissen: Die individuelle Rebellion gegen die Lohnarbeit, die alle beeindruckend finden, aber für sich selbst ausschließen, ist erbärmlich.
  2. Wir haben uns nicht über Wuschels Aussehen lustig gemacht, sondern erklärt, dass er die Wohlfühllinke auch äußerlich repräsentiert. Das war zwar vor allem gegen diese Szene gerichtet, die sich in Kullas selbstzufriedener Knuffel-Ausstrahlung, die Teil seines innerlinken Erfolgsgeheimnisses ist, wiedererkennt. Trotzdem muss keiner so tun, als könnte niemand etwas für sein Aussehen: Mit Mitte 30 hat jeder das Gesicht, das er verdient. (Es sei denn, er ist einer schweren Krankheit, unverschuldeter Armut oder einem anderen Schicksalsschlag zum Opfer gefallen.) Oder will jemand bestreiten, dass sich das Verhältnis zu sich selbst, zu seinen Mitmenschen und zu seiner Umwelt irgendwann in der Mimik, im Sprachgebaren etc. Geltung verschafft? Der Besatzung eines Dorfstammtischs hat sich die Gemeinheit genauso in die Gesichtszüge eingegraben wie die dreiste Überheblichkeit in das Antlitz Dieter Bohlens.
  3. Es stimmt: Wir haben nicht mit dem Wuschel diskutiert. Warum? Weil er die Organisatoren der Veranstaltung gebeten hat, einige von uns des Hauses zu verweisen. Seine Begründung: Er fühle sich sonst unwohl. Wir waren trotzdem nicht traurig. Denn mit Wohlfühllinken ist es so ähnlich wie mit Mülleimern: Man muss nicht in jedem herumstochern, um zu wissen, dass es eklig wird. So etwas macht nicht klüger, sondern davon wird einem schlecht.

No Tears for Krauts, 10/2014

Infantile Inquisition. Die neuesten Übergriffe der Definitionsmacht.

Vortrag und Diskussion mit Justus Wertmüller (Berlin)

Donnerstag, 30. Oktober 2014
19:00 Uhr
Reilstraße 78, Halle (Saale)

Linke Partys gleichen Bürgerkriegen: Überall drohen Gewalttätigkeiten, Übergriffe und Vergewaltigungen. Selbst beim Gang zur Bar oder zur Toilette ist mit zutiefst traumatisierenden Erlebnissen zu rechnen. Das legen zumindest die zahllosen Plakate, Flyer und Broschüren nahe, mit denen die erwarteten Gewalttäter von ihren Plänen abgehalten und potentielle Opfer gewarnt werden sollen. Tatsächlich ist alles ganz anders: In der Regel sind die einschlägigen Partys nicht nur friedlich, sondern auch noch langweilig. Wenn ein Gast ausnahmsweise einmal verbal entgleist, sind die obligatorischen »Haus-Plena« und »Veranstaltungsgruppen« über Wochen hinweg damit beschäftigt, über den Vorfall zu diskutieren. Die Warnungen vor Übergriffen, Entgleisungen, zu viel Alkoholkonsum usw., die in jüngster Zeit vor allem von so genannten »Awareness-Teams« verbreitet werden, haben weniger mit der Realität als mit spezifischen Vorstellungen von Sexualität und Subjektivität zu tun. Sie zeigen vor allem, wie schlecht es inzwischen um das Individuum bestellt ist. Die traditionelle autonome Rede von der »Definitionsmacht«, die allein das subjektive Empfinden zum Kriterium für die Bewertung der Außenwelt gelten lassen will, hat sich entgrenzt.

Justus Wertmüller ist Redakteur der Zeitschrift »Bahamas«. Zusammen mit Uli Krug verfasste er 2000 den Aufsatz »Infantile Inquisition«, in dem die linken Vorstellungen von Sexualität nicht allein kritisch hinterfragt sondern zugleich als Indikator für den Verfall des Individuums herausgestellt werden.

Eine Veranstaltung der AG Antifa im Stura der Uni Halle | antifa​.uni​-halle​.de

Never trust a Hippie!

Wer Daniel Kulla einlädt, scheut die Konfrontation und das Denken. Er will nur eins: dass sein kleinkindlicher Wunsch in Erfüllung geht und „jede*r sich wohlfühlt“.

Wer die AG No Tears for Krauts kennt, der weiß: Sie ist sich nicht zu schade, sich auch den armseligsten und unbedeutendsten Figuren zu widmen und ihnen die ersehnten drei Minuten Aufmerksamkeit zu schenken. Immerhin sind es oft weniger die Klugen, Reichen und Schönen, an denen sich die neuesten Tendenzen des universellen Verblödungszusammenhanges als erstes ablesen lassen, als ihr Gegenteil, sprich: die Daniel Kullas dieser Welt. Gestalten wie der musizierende Vortragsreisende Kulla, der zu den Dauergästen des hallischen Jugendzentrums Reilstraße 78 gehört, können nicht persönlich beleidigt werden, weil sie durch und durch Abziehbild ihrer Umgebung sind. Jede Aussage über Kulla ist eine Aussage über sein Umfeld, sein Publikum und diejenigen, die ihn zu den beiden immergleichen Vorträgen – „Entschwörungstheorie“ und irgendwas mit Drogen – einladen.

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Wenn der Wahnsinn epidemisch wird. Die neuen Montagsdemonstrationen.

Vortrag und Diskussion mit Jan-Georg Gerber

Donnerstag, 10. Juli 2014
19:00 Uhr
Radio Corax, Unterberg 11, Halle (Saale)

Die Demonstranten, die sich seit März jeden Montag in mehr als sechzig Städten der Bundesrepublik zusammenfinden, um gegen einen möglichen Krieg in der Ukraine zu protestieren, sind sich einig: Für die Auseinandersetzungen auf dem Kiewer Majdan, die Kämpfe in Donezk und alle anderen Übel der Welt sind der Westen und Amerika verantwortlich. Auch die Parole von der Schuld der Juden macht allenthalben die Runde: Die regelmäßig zu hörende Rede über „die Fed“, die US-Notenbank, hat das Lamento über die „amerikanische Ostküste“ abgelöst. Sie ist zur beliebtesten Chiffre für die die vermeintlich jüdisch kontrollierte Finanzwelt geworden. Daneben haben einige Demonstranten auch noch andere Theorien im Repertoire: Einige glauben, dass den Kondensstreifen von Düsenflugzeugen Chemikalien beigemengt sind, die den Menschen ihre politische Widerstandskraft rauben, andere sind davon überzeugt, Bürger des 1945 untergegangenen Deutschen Reichs zu sein. All diese Vorstellungen bewegen sich unter dem Niveau von Kritik. Zumindest die Vordenker der Proteste scheinen aufgrund ihrer offenkundigen Verrücktheiten weniger ein Gegenstand von Ideologiekritik als ein Fall für den Psychologen zu sein. Das Tragische ist, dass den Protesten wohl auch auf der Therapeutencouch oder im Patientenstuhl nicht wirklich beizukommen ist. Um dem Phänomen der neuen Montagsdemonstrationen auf den Grund gehen zu können, muss vielmehr die Gesellschaft in den Blick genommen werden, die den Wahnsinn immer wieder aus sich selbst heraus erzeugt. Aus diesem Grund wird im Rahmen der Veranstaltung sowohl von der deutschen Spezifik der Proteste als auch vom System der Wertvergesellschaftung zu sprechen sein.

Jan-Georg Gerber ist freier Journalist und schreibt u.a. für „Bahamas“ und „Jungle World“.

Eine Veranstaltung der AG Antifa Halle und der Materialien zur Aufklärung und Kritik.

Protest & Projektion – Der weltweite Aufstand

Konferenz der AG Antifa
Halle an der Saale, Samstag, 18. Januar 2014, Dachritzstraße 6 (Institut für Musik)

Es ist noch nicht lange her, da konnte teils kritisch, teils beruhigt erklärt werden, dass sich die Menschen ihrem Schicksal willfährig ergeben und nicht daran denken, geschichtsmächtig zu werden. So blieb nicht nur der Kampf um Befreiung aus. Auch die Apokalypse, die als Kollektiv losgelassene Einzelne ohne weiteres auszulösen imstande sind, ließ glücklicherweise auf sich warten. Inzwischen ist die Zeit, in der von den lethargischen Massen geschrieben werden konnte, jedoch vorbei. An allen Ecken und Enden der Welt kracht es. Von Rio bis Kairo, von Göteborg bis Athen und von Stuttgart bis Istanbul: Als hätten sie die Parole vom „kommenden Aufstand“, die eine französische Situationistengruppe vor einigen Jahren ausgab, als Aufforderung begriffen, ziehen die Menschen überall auf die Straße. Mal bringen sie ihre Isomatten und Zelte mit und besetzen den öffentlichen Raum, mal zerlegen sie die Innenstädte. Taz, Zeit, Spiegel und Co. behaupten, einen weltweiten Kampf für Demokratisierung und mehr Bürgerbeteiligung zu erkennen; die radikale Restlinke will in den Krawallen, Kämpfen und Platzbesetzungen die Vorboten der Weltrevolution sehen: So setzten sich die schlechter verdienenden Genossen schon bald nach dem Beginn der Proteste in Busse und fuhren als Krawalltouristen nach Griechenland; die besser Betuchten flogen nach Kairo oder Tunis.

Zumindest einige Nachrichten vom weltweiten Aufstand wollen allerdings nicht so recht mit der euphorischen Deutung von einem „neuen 1968“ zusammenpassen, von dem einige Beobachter sprechen. In einigen Ländern haben sich Islamisten an die Spitze der Proteste gestellt; auf dem Peloponnes und den griechischen Inseln mischen Neonazis kräftig mit, während ein Teil der Linken die Juden für die Übel der Welt verantwortlich macht. Auch im Syrischen Bürgerkrieg ist die Unterscheidung zwischen den good und den bad guys nicht mehr möglich. Wer gegen Despoten, Tyrannen und elende Verhältnisse anrennt, tut das nicht immer mit den richtigen Mitteln, Begründungen und Zielen.

Das heißt: Entweder hat die Rede vom „neuen 68“ weniger mit der Situation in Ägypten, Griechenland, Spanien, Syrien usw. zu tun als mit den Wünschen und Sehnsüchten der hiesigen Öffentlichkeit. Oder aber die landläufigen Vorstellungen von 1968 als dem Jahr von Liberalisierung, Demokratisierung und dem Ausbruchsversuch aus den versteinerten Verhältnissen müssen revidiert werden. Auch hierfür spricht einiges. Zumindest mit Blick auf Ägypten und Syrien hat sich dementsprechend schon längst jene Verlaufsform abgezeichnet, die den Internationalismus hierzulande stets prägte: Der blinden Begeisterung folgt blinde Ignoranz; ohne Fehleranalyse und ohne das vorherige Paradies von Revolte und Demokratisierung auch nur noch eines Blickes zu würdigen, werden die revolutionären Sehnsüchte kurzerhand in andere Gegenden des Erdballs verlagert.

Es stellt sich damit sowohl die Frage nach den Hintergründen der hiesigen Reaktionen auf die weltweiten Aufstände als auch nach dem Charakter der Proteste: Was ist von den Riots und Kämpfen in Ägypten, Griechenland, Brasilien, Spanien usw. zu halten? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es? Warum brechen die Proteste gerade jetzt aus? Und: Welche Zukunft haben die weltweiten Aufwallungen vor sich?

Podium 1: Campen und kämpfen (12.15 – 13.45 Uhr)
Referenten: Magnus Klaue & Philipp Lenhard

Wer einen genauen Blick auf die weltweiten Aufwallungen wirft, erkennt zwei Protestformen: Die einen schnappen sich ihre Schlafsäcke und campieren auf öffentlichen Plätzen, die anderen binden sich Taschentücher vors Gesicht und ziehen mehr zerstörend als plündernd durch die Städte. Diese beiden Varianten der Erhebung scheinen für eine jeweils unterschiedliche Klientel zu stehen: In der Besetzung des öffentlichen Raums spiegeln sich die Abstiegsängste der Mittelschichten. Hier ziehen diejenigen auf die Straße, die noch etwas zu verlieren haben. Sie signalisieren durch ihre Protestform, dass sie zu bleiben gedenken. Auf der anderen Seite stehen jene, die nicht mehr absteigen können. Da sie nichts mehr zu verlieren haben, zerstören sie blindwütig alles, was ihnen in den Weg kommt: sowohl das, was sie selbst nicht mehr ertragen, als auch das, was unerreichbar für sie ist.

Magnus Klaue ist freier Autor und schreibt regelmäßig für Bahamas, Jungle World und Konkret. Philipp Lenhard ist freier Autor und Redakteur der Zeitschrift Prodomo.

Podium 2: Projektion und Praxis (14.30 – 16.00 Uhr)
Referenten: Harald Jürgen Funke & Anja Finow

Abgesehen von den Protesten gegen Stuttgart 21 und ähnliche Projekte ist der weltweite Aufstand in zweifacher Weise in Deutschland angekommen. Auf der einen Seite legt die linke und linksliberale Öffentlichkeit eine Begeisterung für die Demonstrationen in Kairo, Istanbul oder Athen an den Tag, als würde dort für die originären Interessen des hiesigen wutbürgerlichen Mittelstands auf die Straße gegangen. Auf der anderen Seite scheinen die Krise und die Aufstände dafür zu sorgen, dass vermehrt Asylbewerber und Arbeitsmigranten den Weg nach Deutschland finden. Gegen diesen Zuzug finden insbesondere im Osten der Republik längst Mini-Aufstände statt, die sich in vielerlei Hinsicht von den Ereignissen der 1990er Jahre unterscheiden und es genau aus diesem Grund ratsam erscheinen lassen, den Zustand der Republik noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Harald Jürgen Funke ist Redakteur der Zeitschrift Bonjour Tristesse. Anja Finow spricht als Vertreterin der AG „No Tears for Krauts“.

Podium 3: Gestern und Morgen (16.30 – 18.00 Uhr)
Referenten: Jan-Georg Gerber & Justus Wertmüller

Die Gegenwart verändert nicht allein die Zukunft, sondern auch die Vergangenheit: Der Anfang ist immer über das Resultat vermittelt. So geben die derzeitigen Proteste nicht nur einen Vorgeschmack darauf, was hierzulande droht, wenn sich die Krise ausweitet: ein wildes Hauen und Stechen, der Rückwurf auf Clanstrukturen, die sowohl familiär als auch regional oder beruflich sein können, und eine Elendsselbstverwaltung wie sie etwa auf dem Tahrir-Platz beobachtet werden konnte, wo Fußballhooligans über Ordnung, Sauberkeit und die korrekte Entsorgung der Fäkalien wachten. Zugleich legen die stetigen Vergleiche mit der Revolte von 1968 nahe, dass sich auch damals ganz andere historische Triebkräfte Geltung verschafften als von den Parolen der Protestbewegung nahegelegt wurde: Triebkräfte, die möglicherweise denen ähneln, welche die Menschen heute weltweit auf die Straßen und Plätze strömen lassen.

Jan-Georg Gerber schreibt u.a. für Bahamas und Jungle World. Justus Wertmüller ist Redakteur der Zeitschrift Bahamas.

Eine Veranstaltung der AG Antifa im Stura der Uni Halle.
http://​antifa​.uni​-halle​.de/

Weitere Informationen:
https://​www​.facebook​.com/​a​g​a​n​t​i​f​a​s​c​h​i​s​mus

Critical Networking

Ein paar Worte zur Konferenz »Eine Erinnerung an die Zukunft«, die vom 29.11.–01.12.2013 in Berlin stattfand.

[Das Flugblatt als PDF]

Mit der „Zukunft“, von der im Titel dieser Konferenz gesprochen wird, ist weniger die Zukunft der Kritischen Theorie als die der Kritischen Theoretiker gemeint.

Konzeptpapiere sind oft aussagekräftiger als die Dinge, die auf sie folgen. Das gilt zumindest für diese Konferenz. Der Einladungstext, der es nach unzähligen Diskussionen und Versuchen, es allen recht zu machen, auf die Homepage der Konferenz geschafft hat, ist so aussagefrei, dass man sich fast schämen muss, als Kritischer Theoretiker bezeichnet zu werden. Wenn das die Kritische Theorie sein soll, sagte der kritische Geist, gehe ich lieber Richard David Precht lesen. Während Adorno und Horkheimer allen Unkenrufen zum Trotz eine klare und deutliche Sprache benutzten – das immer wieder als „kompliziert“ und „abgehoben“ Geschmähte ihrer Texte war dem Bemühen um Präzision geschuldet – , findet sich hier nichts als langweiliger Jargon: eine Mischung aus Opa-Sprache („zeitigt“), Angeber-Vokabular, Halbwissen und jener gehobenen Legasthenie, von der die Graduiertenkollegs, Postdoc-Zirkel und Redaktionen heutzutage beherrscht werden. Da soll Resistenz „korrigiert“ werden, „Unmöglichkeiten“ weiten sich aus, und die Individuen flüchten „im Schwinden“ irgendwohin. Diese Clownerie setzt sich auch im Titel fort, den man beim ersten Buch des Ufologen Erich von Dänicken, „Erinnerungen an die Zukunft“ von 1968, geklaut hat.

Ähnlicher Stuss wie im Ankündigungstext findet sich zwar auch im Konzeptpapier und in der vorläufigen Referentenliste, die vor einigen Monaten an potentielle Teilnehmer verschickt wurden und schließlich den Weg in die unendlichen Weiten des Internets fanden. Im Unterschied zum vollkommen nichtssagenden Ankündigungstext liegen die Motive dieser Konferenz dort jedoch wenigstens halbwegs offen zutage.

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Im Zweifel Antisemit

Jakob Augstein, Deutschlands bekanntester Antisemit, veröffentlichte im Sommer dieses Jahres sein Buch »Sabotage: Warum wir uns zwischen Demokratie und Kapitalismus entscheiden müssen«. Zur Buchvorstellung in der hallischen Thalia-Buchhandlung ließ es sich die AG »No Tears for Krauts« nicht nehmen, folgendes Flugblatt zu verteilen.

[Das Flugblatt als PDF]

Sehr geehrte Hallenser, liebe Wutbürger, Antikapitalisten, Israelkritiker, MZ-Leser – liebe Augstein-Anhänger also!

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Wir kommen um uns zu beschweren

Warum an dieser Demonstration so gut wie alles beknackt ist und wir trotzdem hier sind.

Redebeitrag der AG „No Tears for Krauts“ zur Demonstration „Weißenfels ins rechte Licht rücken. National befreite Zonen aufmischen“ am 3. November 2012 in Weißenfels.

[Redebeitrag als PDF]

Liebe Freundinnen, Freunde, Genossinnen und Genossen,

an dieser Demonstration ist so ziemlich alles bescheuert. Es fängt schon mit dem Titel an: „Weißenfels ins rechte Licht rücken!“ Damit soll wohl gesagt werden, dass es richtig ist, wenn Weißenfels überregional als großer Nazispielplatz bekannt wird.
Das Dumme ist: Erstens wird es uns nicht gelingen, Weißenfels in irgendein „Licht“ zu rücken. Wir sind nicht dazu in der Lage, dauerhaft etwas am hiesigen Zustand zu verändern: Schaut Euch um, dazu sind wir einfach zu wenige. Darüber hinaus interessiert sich außerhalb des Burgenlandkreises kein Schwein für den einzigen ostdeutschen Standort der weltberühmten „Frischli“-Milchwerke. Soll heißen: Um Weißenfels in ein richtiges Licht rücken zu können, müsste überhaupt Licht da sein. Weißenfels müsste, mit anderen Worten, als etwas anderes wahrgenommen werden als ein ödes, graubraunes Kaff irgendwo zwischen Güstrow und Annaberg-Buchholz.
Zweitens wird mit dem Wortspiel „Weißenfels ins rechte Licht rücken“ auf das alte Klischee zurückgegriffen, dass Nazis irgendwie „rechts“ seien, während alles Gute auf Erden von „links“ komme. Um an dieser Vorstellung festhalten zu können, muss man entweder blind und ignorant oder aber dumm sein. Oder ist noch niemandem von Euch aufgefallen, dass die NSDAP die Worte „sozialistisch“ und „Arbeiterpartei“ in ihrem Namen trug? Ist es Euch nie merkwürdig vorgekommen, dass Mussolini vor der Gründung der faschistischen Partei Italiens ein waschechter Linker war: ein Mitglied der Sozialistischen Partei? Und habt Ihr Euch nie gefragt, warum sich die derzeitigen Nazis so leicht so genannte „linke Codes“ „aneignen“ können, wie es die Abgebrühtesten von Euch regelmäßig als „Teamer“ des „Netzwerks für Demokratie und Courage“ unters desinteressierte Jungvolk bringen? Weiterlesen

Audio: Hört auf zu studieren, fangt an zu begreifen!

Der von Magnus Klaue im Rahmen der Veranstaltungsreihe Hört auf zu studieren, fangt an zu begreifen! Antifaschistische Hochschultage 2012 gehaltene Vortrag »Phantasie als Kompetenz – Zur Ideologie der Kreativität in der neueren Pädagogik.« kann nun hier nachgehört werden.

Magnus Klaue: Phantasie als Kompetenz – Zur Ideologie der Kreativität in der neueren Pädagogik

Außerdem stellen wir den am 1. August von der ag antifa im stura veranstalteten Vortrag »Die Austreibung der Kindheit – die »Kinderstadt« als Schule der Desillusionierung.« zur Verfügung.

Die Austreibung der Kindheit – die Kinderstadt als Schule der Desillusionierung