Statement des Bündnisses gegen Antisemitismus Halle zum antisemitischen Aufmarsch am 30. April in Halle

Zur Demonstration des „Solidaritätsnetzwerkes“ am 30. April 2024 und zur Beteiligung von Lokalpolitikern der Partei „Die Linke“ daran

Am 30. April 2024 fand in Halle ein antisemitischer Aufmarsch statt. Als Organisator trat die neu gegründete hallische Ortsgruppe des sogenannten „Solidaritätsnetzwerkes“ auf. Das „Solidaritätsnetzwerk“ ist Teil eines Netzwerkes stalinistischer Gruppen, zu dem u.a. auch die “Föderation klassenkämpferischer Organisationen” und der „Kommunistische Aufbau“ gehören. Eine Zusammenarbeit pflegt man auch mit den Stalinisten von “Young Struggle”, die das Massaker der “Hamas” und des Islamischen Dschihad” am 7. Oktober 2023 in Israel als “Befreiungsschlag” feierten. Hinter dem offiziellen Motto des Aufmarschs (“Milliardäre stürzen! Kriegstreiber entwaffnen! Sozialismus erkämpfen!“) verbarg sich kaum mehr als eine antisemitische Pro-Palästina-Demonstration. Der Aufzug wurde von Palästinafahnen dominiert, Teilnehmer skandierten „From the River to the Sea – Palestine will be free!“, womit sie das Existenzrecht Israels leugneten. (Mit „River“ ist der Jordan gemeint, mit „Sea“ das Mittelmeer, zwischen denen Israel gelegen ist.) Andere bemühten sich gar nicht erst, ihren Antisemitismus hinter vermeintlicher Zionismuskritik zu verbergen, und erklärten offen „Scheiß Juden!“. Angesichts der antisemitischen Parolen und Symboliken griff die Polizei Demonstranten heraus und stellte ihre Personalien fest.

Anfangs nahmen 100 bis 120 Personen an dem Aufmarsch teil, auf dem Boulevard schlossen sich weitere Personen an, u.a. aus einem islamistischen Treffpunkt. Darüber hinaus liefen auch mindestens eine Landespolitikerin und ein Lokalpolitiker der Partei „Die Linke“ mit. Stefanie Mackies ist Mitglied des Landesvorstandes der „Linken“ in Sachsen-Anhalt, sitzt für die Partei außerdem im Stadtrat und kandidiert für die nächste Stadtratswahl. Ihr Genosse Frederic Claus ist Mitglied des Stadtvorstands und ebenfalls Kandidat für die Stadtratswahl. Beide, Mackies und Claus, waren aber nicht nur, wie das Nachrichtenportal „Du bist Halle“ berichtet, Teilnehmer des antisemitischen Aufzugs, sondern sie waren sogar in die Organisationsstrukturen eingebunden und gehörten zu den Koordinatoren. Gemeinsam nahmen sie auf dem Bahnhof Mitglieder der Leipziger Ortgruppe des „Solidaritätsnetzwerks“ und der Gruppe „Handala“ in Empfang, um sie zum Ausgangspunkt der Demonstration zu geleiten. Für die migrantisch geprägte Pro-Palästina-Gruppe „Handala“, die gern auch mal Hamas-Symboliken verwendet, gibt es kein Israel, wie man der Landkarte auf ihrer Homepage entnehmen kann.

Sowohl die Demonstration als auch die Einbindung der beiden „Die-Linke“-Politiker Stefanie Mackies und Frederic Claus in die Organisation des Umzugs zeigt einmal mehr, dass Antisemitismus nicht allein ein rechtes Problem ist, sondern auch von links und von migrantischer Seite kommen kann. Zugleich verdeutlichen sie, dass diese Form des Antisemitismus weiterhin unterschätzt wird. Zwar gab es lautstarken Protest gegen den antisemitischen Aufmarsch. Die Teilnehmerzahl des Gegenprotestes blieb aber deutlich hinter der von Protesten gegen Neonaziaufmärsche zurück. Zumindest in ihren antiisraelischen Vernichtungswünschen könnten sich die Antisemiten des „Solidaritätsnetzwerks“ aber mit NPD, „Drittem Weg“ und Co. die Hand reichen.


In diesem Sinn: Gegen jeden Antisemitismus! Keine Antisemiten ins Rathaus!

#Linkspartei Goes Antisemitismus?
#Linkspartei Goes Stalinismus?

Bündnis gegen Antisemitismus Halle


Presse:

Antisemitismus bei der Linken im Land und in Halle? Rechercheverbund erhebt schwere Vorwürfe
https://hallespektrum.de/nachrichten/politik/antisemitismus-bei-der-linken-im-land-und-in-halle-rechercheverbund-erhebt-schwere-vorwuerfe/465169/

Wegen Teilnahme an Pro-Palästina-Demo: Partei stellt Antrag, Linken-Stadträtin aus Aufsichtsräten abzuberufen
https://dubisthalle.de/wegen-teilnahme-an-pro-palaestina-demo-partei-stellt-antrag-linken-stadtraetin-aus-aufsichtsraeten

„From the River to the Sea“: Linken-Stadträtin läuft bei Pro-Palästina-Demo mit
https://dubisthalle.de/linken-stadtraetin-laeuft-bei-pro-palaestina-demo-mit

Bündnis gegen Antisemitismus Halle kritisiert Teilnahme von Linken-Politikern an Pro-Palästina-Demo: “Keine Antisemiten ins Rathaus”
https://dubisthalle.de/buendnis-gegen-antisemitismus-halle-kritisiert-teilnahme-von-linken-politikern-an-pro-palaestina-demo-keine-antisemiten-ins-rathaus

Protest-Aktion auf dem Hallmarkt: Pro-Palästina-Demo in Halle stößt auf Gegenprotest
Zwei Demonstrationen sind am Dienstagabend in Halles Innenstadt aufeinandergetroffen. Die Polizei musste beide Lager auseinanderhalten.
https://www.mz.de/lokal/halle-saale/protest-aktion-auf-dem-hallmarkt-pro-palaestina-demo-in-halle-stoesst-auf-gegenprotest-3835889

Kein Antisemitismus wahrgenommen? Teilnahme nur durch Zufall?
Bündnis gegen Antisemitismus Halle kritisiert Aussagen von Linken-Stadträtin
https://dubisthalle.de/kein-antisemitismus-wahrgenommen-teilnahme-nur-durch-zufall-buendnis-gegen-antisemitismus-halle-kritisiert-aussagen-von-linken-stadtraetin

Pro-Palästina Demo in Halle: Hat Linken-Stadträtin Antisemitismus unterstützt?
Nach einer Pro-Palästina-Demo in Halle gerät die Linken-Stadträtin Stefanie Mackies in Erklärungsnot. Muss sie jetzt ihre Posten abgeben?
https://www.mz.de/lokal/halle-saale/pro-palaestina-demo-halle-antisemitismus-vorwuerfe-linke-stadtraetin-mackies-3837078

Das Problem heißt Antisemitismus.

Zweite Stellungnahme zum antisemitischen Aufmarsch am 30. April 2024 in Halle und zur Beteiligung von Landes- bzw. Regionalpolitikern der Partei „Die Linke“ daran

Am 30. April 2024 fand in Halle ein antisemitischer Aufmarsch von links statt. Daran beteiligt waren mindestens zwei Landes- bzw. Regionalpolitiker der Partei „Die Linke“: Stefanie Mackies, Mitglied des Landesvorstandes der „Linken“ in Sachsen-Anhalt, Stadtratsmitglied und Kandidatin für die nächste Stadtratswahl, und Frederic Claus, Mitglied des „Die Linke“-Stadtvorstandes Halle und ebenfalls Kandidat für die Stadtratswahl. In unserer letzten Stellungnahme schrieben wir, dass die beiden nicht nur an der Demonstration teilnahmen, sondern „in die Organisationsstrukturen eingebunden“ waren und zu den Koordinatoren des Aufmarschs gehörten.

Gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung“ behauptete Mackies nun, dass sie bei der Demonstration „keinen Antisemitismus wahrgenommen“ habe. Zudem sei Kritik „an der rechten Regierung Israels“ nicht antisemitisch. Die Einschätzungen, was antisemitisch ist und was nicht, mögen auseinandergehen. Bei der Leugnung des Existenzrechts Israels (wie sie z.B. in der bei der Demonstration gerufenen Parole „From the River tot he Sea, Palestine will be free!“ zum Ausdruck kommt) besteht allerdings kein Zweifel. Das Gleiche gilt für die Gleichsetzung von Zionismus und Faschismus/Nationalsozialismus, wie sie bei der Demonstration in Sprechchören betrieben wurde. Befremdlich ist auch, wie Mackies vor dem Hintergrund der Aussage „Scheiß Juden“, die bei der Demonstration getätigt wurde, von legitimer „Kritik an der rechten Regierung Israels“ sprechen kann.

Ebenso befremdlich ist ihre Behauptung, dass sie von der Demonstration „nur durch Zufall erfahren“ und deshalb teilgenommen habe. Wie nicht nur Zeugen, sondern auch Fotos belegen (siehe unten), nahm sie auf dem Bahnhof gemeinsam mit Frederic Claus Mitglieder des Leipziger „Solidaritätsnetzwerkes“ und der Gruppe „Handala“ in Empfang, um sie zum Ausgangsort der Demonstration zu geleiten. Das ist mehr als eine zufällige Teilnahme, nämlich eine Einbindung in die Koordinationsstrukturen. Das „Solidaritätsnetzwerk“ ist eine stalinistische Kadergruppe, „Handala“ eine Pro-Palästina-Gruppe mit deutlichen Anleihen am Islamismus: Kurz nach der Demonstration markierte die Gruppe auf ihrer Socialmedia-Präsenz israelsolidarische Gegendemonstranten auf Fotos mit einem roten Dreieck, der Feindmarkierung der „Hamas“. Bei der Demonstration trug Mackies, wie Fotos zeigen (siehe unten), zudem ein Transparent, was ebenfalls ungewöhnlich ist, wenn man nur „durch Zufall“ an einer Demo teilnimmt.

Dennoch ist die Teilnahme von zwei „Die Linke“-Mitgliedern nicht das zentrale Problem, auch wenn sie in verantwortlichen Positionen auf Landes- und Regionalebene sitzen. Viel problematischer ist das Folgende: Während die Regionalpresse („Mitteldeutsche Zeitung“, „Du bist Halle“ usw.) angemessen und ebenso kritisch wie sachlich über den antisemitischen Aufmarsch berichteten, blieben andere auffallend still. Allenfalls und ausgerechnet die Stadtratsfraktion der als Spaßpartei geltenden „Die Partei“ stellte die Forderung, Mackies der Aufsichtsratsposten zu entheben, die sie aufgrund ihres Sitzes im Stadtrat innehat. Die Partei „Die Linke“ hüllt sich hingegen angesichts der antisemitischen Verbindungen einiger ihrer Repräsentanten in Schweigen und startet stattdessen heute feierlich ihren Stadtratswahlkampf. Auch die organisierte Zivilgesellschaft (das „Bündnis gegen rechts“, „Miteinander e.V.“ usw.), deren Aktivismus gegen Neonazis wir sehr schätzen, schweigt sich bislang aus.

Darum noch einmal: Das Problem ist nicht allein der Antisemitismus von rechts, sondern der Antisemitismus insgesamt: egal, ob von rechts, links, migrantischer Seite oder aus der Mitte der Gesellschaft.

Bündnis gegen Antisemitismus Halle

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