Empfehlungen

Wir empfehlen den Text der Frankfurter Gruppe Thunder in Paradise zum antisemitischen Massaker vom 7. Oktober, den Krieg gegen Israel und seinen Folgen:
 

Perfidie des Allzumenschlichen
Äquidistanz heißt Kollaboration mit dem Judenhass


Vortrag und Diskussion in Berlin:
Es geht um Israel

Dienstag, 31. Oktober 2023, 19 Uhr
Chachachicas, Hasenheide 9, 2. Hof,
10967 Berlin, nahe Hermannplatz


Vortrag und Diskussion mit Alex Gruber an der Uni Halle:
Die Shoah entsorgen, um Israel zu kritisieren.
Zur Funktion des „Historikerstreits 2.0“

Donnerstag, 2. November 2023, 19 Uhr
Melanchthonianum, Hörsaal XV
Universitätsplatz 7, Halle

AG Antifa: Die Grenzen der Diskussion. Zur Denunziation unserer Veranstaltung mit Alex Gruber

Demo-Aufruf: Solidarität mit Israel! KEIN FRIEDEN MIT ANTISEMITEN.

Aufruf zur Demonstration:
 

Solidarität mit Israel!
Kein Frieden mit Antisemiten.

Freitag, 13.10.2023, 15 Uhr
Am Steintor in Halle (Saale)

Solidarität mit Israel!
Kein Frieden mit Antisemiten.

Seit dem 7. Oktober wird Israel auf dem Luft‑, See- und Wasserweg attackiert. Bei dem Großangriff islamischer Terroristen wurden jüdische Mädchen und Frauen massenhaft vergewaltigt und gefoltert, ältere Menschen und Kinder wurden massakriert, ganze Dörfer abgeschlachtet, Familien im Schlaf niedergemetzelt, mehr als 1000 Menschen ermordet. Seit dem Ende der Shoa sind nicht so viele Juden in so kurzer Zeit ermordet worden – Tausende sind verletzt. Die palästinensischen Terroristen nahmen Geiseln, verschleppten rund 150 israelische und ausländische Staatsbürger in den Gazastreifen, wo sie von weiten Teilen der palästinensischen Zivilbevölkerung gedemütigt, öffentlich zur Schau gestellt und ermordet werden.

Diese bestialischen Massaker werden von den Anhängern des sogenannten palästinensischen Befreiungskampfes im Gazastreifen und auf der ganzen Welt bejubelt. Die Anhänger des islamischen Terrors feiern Vergewaltigungen, feiern die Demütigung von lebenden und toten Juden, feiern die Angst im Gesicht der Geiseln und werden weltweit von Menschen mit der gleichen Veranlagung bewundert. Auch am Sonntag in Halle konnte man beobachten, dass ein arabischer Mob das öffentliche Gedenken an die Angriffe in Israel mit seinen Vernichtungswünschen gegenüber allen Juden störte.
Zum kommenden Freitag, den 13.10. ruft die Hamas alle »Glaubensbrüder« in der ganzen Welt auf, den sogenannten »Freitag der Al-Aksa-Flut« zu begehen und ihren Hass auf Jüdinnen und Juden auf die Straßen zu tragen.

Wir finden es skandalös, dass islamische Mörderbanden und ihre Freunde antisemitische Pogrome feiern. Es ist schlichtweg entsetzlich und verachtenswert, wenn Palästinensermeuten sich etwa Juden ins Gas wünschen oder sich mit Hakenkreuz-Symbolen über die Opfer dieser barbarischen Taten belustigen. Wir finden es abscheulich, dass reihenweise, vor allem westliche Staaten, vor islamisch befreiten Zonen in ihren Großstädten kapitulieren, weil sich aus Angst vor Rassismusvorwürfen niemand traut, den Islam als Problem zu benennen, eines, das auch die treibende Kraft hinter den Massakern in Israel darstellt.

Um unsere unbedingte Solidarität mit dem Staat der Holocaustüberlebenden und ihrer Nachfahren auf die Straße zu tragen, rufen wir am Freitag, den 13.10.2023, um 15:00 Uhr zur Demonstration am Steintor in Halle/S. auf.

Wir verlangen, dass Deutschland alles tut, um den antisemitischen Mob zu stoppen. Ob innerhalb Deutschlands mit konsequenter Bekämpfung islamischer Landnahme oder in Israel in jedweder Form nötigen Unterstützung und Bewaffnung!
 

Antisemiten konsequent bekämpfen!
In Nahost und überall!
 
 
Bündnis gegen Antisemitismus Halle
in Kooperation mit den Antifaschistischen Gruppen Halle
 
 



 

Dokumentation der Redebeiträge:

AG Antifa: Bad Religion – Das Problem ist der Islam.
AG Antifa: Über den Stand des Antisemitismus in Deutschland.
 
Junges Forum DIG Deutsch-Israelische Gesellschaft Halle-Umland
► insta (JuFo): https://t.ly/1LajV | fb (DIG): https://t.ly/D_lnH
 
► [folgt]

Flugblatt: Kein Kampf gegen den Antisemitismus ohne Solidarität mit Israel!

Folgendes Flugblatt verteilten wir mit einigen Israelfahnen am 9.10.2023 beim Gedenkrundgang »In Erinnerung und Solidarität«, der vom Bündnis Halle gegen Rechts anlässlich des vierten Jahrestags des Anschlags vom 9. Oktober 2019 veranstaltet wurde.
 

Kein Kampf gegen den Antisemitismus
ohne Solidarität mit Israel!

Die Organisatoren der heutigen Veranstaltung haben dazu aufgefordert, auf das Mitführen von Fahnen zu verzichten. Jeder weiß, welche Fahnen gemeint sind: die des jüdischen Staates. Diese Aufforderung war bereits vor den massiven antisemitischen Angriffen, denen Israel seit dem Morgen des 7. Oktober ausgesetzt ist, ein Skandal. Durch die unterschiedslosen Attacken der Hamas und des Islamischen Jihad auf alle Juden, die sie erreichen können, egal, ob Soldaten, Zivilisten, Kinder oder Greise, wird jedoch noch deutlicher, dass ein Kampf gegen den Antisemitismus, der ohne Solidarität mit Israel auskommt, nicht nur halbherzig ist. Er läuft vielmehr auf eine Verharmlosung der antisemitischen Gewalt im Nahen Osten, vielleicht sogar auf ein ideelles Bündnis mit Hamas und Co. hinaus.

Heute ist der vierte Jahrestag des Anschlags von Halle. Damit bietet sich der „Initiative 9. Oktober“, die das sogenannte zivilgesellschaftliche Gedenken organisiert, ein weiteres Mal die Gelegenheit, das Geschehene für die eigene politische Agenda auszuschlachten. Bereits wenige Stunden nach dem Anschlag stellte sich die Tat für viele in einer auffällig klaren Eindeutigkeit dar. So wurde die AfD schnell als geistiger Brandstifter ausgemacht, der Angriff auf einen Döner-Imbiss in rassifizierender Manier als Ausdruck eines „antimuslimischen Rassismus’“ gedeutet und das sogenannte „Manifest“ des Täters als Ausweis gekränkter Männlichkeit identifiziert. Wer wollte, konnte also in den Anschlag hineinprojizieren, was die fleißig eingeübten Phrasen und Deutungsmuster so hergaben. Mit dem Weltbild des Attentäters wurde sich wenig bis gar nicht auseinandergesetzt. Das schien den Veranstaltern des Gedenkens auch gar nicht nötig, denn von Anfang an bestand für sie vor allem ein instrumentelles Verhältnis zum Anschlag. Wer daran Zweifel hegt, sollte sich die Redebeiträge ins Gedächtnis rufen, die hier in den letzten Jahren gehalten wurden. Mehr oder weniger eloquente Vorkämpfer der Queer- und Antiraszene schwadronierten über die Lage an den EU-Außengrenzen, die in der Kontinuität der deutschen Arbeits- und Vernichtungslager stünden, oder über die binäre Geschlechterordnung, deren Verteidiger beim Anschlag quasi „mitgeschossen“ hätten.

Um es also noch einmal deutlich zu sagen: Wer anlässlich eines der schlimmsten antisemitischen Anschläge in Deutschland seit 1945 nationalsozialistische Vernichtungs- und gegenwärtige Flüchtlingslager gleichsetzt und Menschen, die der Idee fluider Geschlechtlichkeiten skeptisch gegenüberstehen, in die Nähe antisemitischer Mörder rückt, sollte keinen Applaus erhalten, sondern mit Tomaten und Eiern konfrontiert werden. Vor allem sollte er als das bezeichnet werden, was er ist, als Holocaustrelativierer und jemand, der antisemitischen Verbrechen verharmlost. Vielleicht sind es Kommentare wie die oben genannten, für die u.a. die „Initiative 9. Oktober“ oder die Gruppe „Migrant Voices“ verantwortlich zeichnen, hinter der sich vor allem deutsche Mittelstandskids verbergen, die der Grund dafür sind, dass sich viele Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Halle von solchen Veranstaltungen fernhalten. Vielleicht lassen sich diejenigen unter ihnen, die stärker an den religiösen Gesetzen und der damit verbundenen Vorstellung von Zweigeschlechtlichkeit festhalten, auch nicht gerne nachsagen, sie hätten „mitgeschossen“. Möglicherweise sehen sie aber auch einfach nur andere Probleme als die, von denen der ideologisch aufgeladene linke Gedenkzirkus umgetrieben wird.

Um das herausfinden zu können, wäre es nötig gewesen, der Jüdischen Gemeinde Halle zuzuhören und Statements wie das Folgende ernst zu nehmen: „Organisationen, Vereine und Privatpersonen, die keinesfalls zu den Opfern dieses Attentats zählen, stellen Forderungen, kritisieren die Stadt und das Land, kurz gesagt – sie machen sich in der Bekämpfung von Antisemitismus wichtig. Sie haben jedoch im Mai dieses Jahres keine Reaktion gezeigt. Ein antisemitischer und antiisraelischer Mob demonstrierte auf dem Marktplatz und versuchte die israelische Flagge anzuzünden.“

Diese Aussage der Jüdischen Gemeinde von 2021 bezieht sich auf eine israelfeindliche Kundgebung, bei der sich im Mai rund 350 Muslime nach ihrem Freitagsgebet auf dem Marktplatz versammelten. Aus der Kundgebung heraus wurden Gegendemonstranten beschimpft, eine Israelfahne wurde geraubt, um sie zu verbrennen. Das Jüdische Gemeindehaus, das sich in der Nähe des Marktplatzes befindet, wurde von der Polizei aus Sicherheitsgründen evakuiert. Zumindest den leitenden Beamten dürfte bewusst gewesen sein, dass sich die antisemitische Raserei vom Verbrennen von Fahnen des jüdischen Staates schnell zum Werfen von Brandsätzen auf Synagogen und andere jüdische Einrichtungen ausweiten kann – so, wie es etwa 2014 in Wuppertal geschah.

Das Zeigen einer israelischen Flagge und die damit zum Ausdruck gebrachte Solidarität mit dem jüdischen Staat wäre nicht nur, aber gerade in Deutschland eine Mindestanforderung an eine Kundgebung oder Demonstration, die vorgibt, der Kritik des Antisemitismus gewidmet zu sein. Der jüdische Staat ist nicht zuletzt eine Reaktion auf den antisemitischen Vernichtungswahn der Deutschen, die – das wird gern vergessen – in der arabischen Welt durchaus einige Unterstützer fanden. Die Gründung Israels geht u.a. auf den Versuch einer zumindest partiellen territorialen Befreiung vom Antisemitismus zurück. Israel bietet einerseits Gewähr dafür, dass verfolgte und hilfesuchende Juden (egal, ob sie eine andere Staatsbürgerschaft besitzen, ob sie israelische Bürger sind, sein wollen oder nicht) eine Zuflucht erhalten und nicht wie in der Zeit des Nationalsozialismus zu ihren Henkern zurückkehren müssen. Andererseits ist die Existenz des jüdischen Staates zumindest ein gewisser Garant dafür, dass Juden auch außerhalb seiner Grenzen ein halbwegs sicheres Leben führen können: Aufgrund seiner staatlichen Verfasstheit kann Israel auf internationaler Ebene besser und wirkungsvoller agieren und intervenieren als es z.B. den jüdischen Hilfsorganisationen der Zwischenkriegszeit möglich war, die aufgrund fehlender staatlicher Unterstützung kaum wahrgenommen wurden.

Auch die Juden, die sich vor vier Jahren in der Synagoge in Halle aufhielten, um Jom Kippur zu feiern, haben ihr Leben nicht den deutschen Sicherheitsbehörden zu verdanken, sondern Zufall und Glück – aber eben auch einer massiven Tür aus Eichenholz, die ohne finanzielle Unterstützung aus Israel nicht hätte eingebaut werden können. Wären Juden in der Diaspora ausschließlich auf das Wohlwollen und das Engagement staatlicher Behörden oder sogar zivilgesellschaftlicher Initiativen angewiesen, dann wäre ihre ohnehin oft schon prekäre Lage noch um ein Vielfaches schlechter.

Ohne seine Streitkräfte könnte Israel all die genannten Funktionen nicht erfüllen. Die Israelis bzw. Juden wären – wie von arabischer Seite immer wieder gefordert und gerade wieder versucht wird – längst „zurück ins Meer“ getrieben worden.

Darüber hinaus haben sich viele antisemitische Stereotype seit der Gründung Israels auf den jüdischen Staat verschoben. Der Vorwurf der „Künstlichkeit“, der insbesondere in den 1970er und 1980er Jahren beliebt war, ist ebenso Ausdruck davon, wie der Vorwurf, hinter allen Ungerechtigkeiten der Welt zu stehen oder ein „Kindermörder“ zu sein: so, als wären es auch gerade wieder nicht Hamas und Co., sondern die israelischen Streitkräfte, die gezielt Zivilisten angreifen, ermorden oder entführen. Israel ist, wie das bekannte Sprichwort lautet, der „Jude unter den Staaten“, gegen den sich weltweit ein großer Teil des antisemitischen Ressentiments richtet. Das bedeutet zugleich: Der Kampf gegen Antisemitismus kommt nicht ohne Solidarität mit dem jüdischen Staat aus. Das Zeigen der israelischen Fahne ist ein Symbol dafür.

Aber wie wir in den letzten Jahren feststellen mussten und wie auch heute wieder offensichtlich wird, wird gerade in vermeintlich progressiven Kreisen, die gern mal ein Lippenbekenntnis „gegen Antisemitismus“ von sich geben, auf die blauweißen Fahnen mit dem Davidstern wenig Wert gelegt, im Gegenteil. Die Organisatoren der heutigen Veranstaltung fordern die Teilnehmer sogar explizit dazu auf, keine Fahnen mitzubringen: „Wir bitten von Fahnen und Transparenten abzusehen und die Solidarität (…) mit der Teilnahme auszudrücken“. Dass damit nicht die Fahnen der Volksrepublik China, Belgiens oder sonst eines Landes gemeint sind, weiß jeder. Das Verbot zielt in direkter Weise auf die Fahne des jüdischen Staates.

Darum noch einmal: Wer vorgibt, Antisemitismus bekämpfen zu wollen, aber nicht von der Bedrohung sprechen will, der Israel ausgesetzt ist, hat im besten Fall nichts verstanden. Viel wahrscheinlicher ist es jedoch, dass er selbst der gemäßigte Teil desselben antisemitischen Problems ist, mit dem Israel seit dem Morgen des 7. Oktober 2023 wieder konfrontiert ist – und das sich seither in einer noch stärkeren Bedrohungslage für sämtliche jüdische Einrichtungen in Deutschland, Europa und der Welt ausdrückt.

Um dem zumindest symbolisch etwas entgegenzusetzen, haben wir ein paar kleine Fähnchen mitgebracht, die gern geschwenkt werden können, wenn die Redner den Mord an Jana L. und Kevin S. sowie den versuchten Massenmord an 51 Synagogenbesuchern wieder pietätlos für ihr eignes politisches Programm instrumentalisieren. Um Tomaten und Eier kann sich jeder selbst kümmern.
 

Kampf dem Antisemitismus heißt auch: Solidarität mit Israel!
 

AG „No Tears for Krauts“ Halle
10/2023
 
 

Kundgebung: Solidarität mit Israel! Kein Frieden mit Antisemiten.

Aufruf zur Kundgebung am Sonntag, 8.10.2023 um 16 Uhr
auf dem Hallmarkt in Halle (Saale)
 
 

Solidarität mit Israel!

Kein Frieden mit Antisemiten.

Nach den von Palästinensern begangenen unfassbar brutalen Anschlägen auf Israel wollen wir uns am Sonntag 16 Uhr auf dem Hallmarkt in Halle (Saale) treffen. Zum einen, um unsere bedingungslose Solidarität mit dem jüdischen Staat zum Ausdruck zu bringen. Und zum anderen, um gegen das deutsche Appeasement gegenüber islamischem Antisemitismus zu protestieren. Denn sowohl die deutsche Außenpolitik, die stets viel Verständnis für palästinensische Befindlichkeiten hat und umfangreiche finanzielle Mittel in die Palästinensergebiete schickt, als auch die Innenpolitik, die wegsieht, wenn in Teilen deutscher Großstädte islamische Rackets die Straßen übernehmen, sind Zustände, denen wir entgegen treten wollen.
Wir fordern das Ende des Appeasements gegenüber dem politischen Islam und den Feinden Israels – sowohl im Nahen Osten, als auch in Deutschland!

Bündnis gegen Antisemitismus Halle
in Kooperation mit den Antifaschistischen Gruppen Halle
 

WIR SIND NICHT LINA

Kritik des Verfahrens: ja.
Aber: kein Applaus für Scheiße!

„Wir sind Lina!“ Unter diesem Motto finden seit mehreren Tagen wieder Proteste, Geländespiele mit der Polizei und die obligatorischen Fotoshootings mit Pyros, Bengalos und schwarzer Uniformierung statt, an denen auch Albert Speer seine Freude gehabt hätte. Auch wegen dieser fragwürdigen Symbolik und der Ritualisierung müssen wir sagen: Wir sind nicht Lina. Das heißt nicht, dass das Verfahren gegen Lina E. nicht kritikwürdig war. Im Gegenteil, es war eine Farce. Selbst die FAZ, die nicht gerade für ihre Justizkritik bekannt ist, kam nicht umhin zu konstatieren, dass in der Presse eine Vorverurteilung stattgefunden hatte. Auch während des Prozesses schien das rechtsstaatliche Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ außer Kraft gesetzt worden zu sein; die Vertrauenswürdigkeit von Belastungszeugen wurde trotz zahlreicher Hinweise nie ernsthaft angezweifelt. Es entstand zeitweise der Eindruck, als sollten sämtliche politischen Straftaten, die in den letzten Jahren unter weiblicher Beteiligung im Osten Deutschlands begangen wurden, Lina E. zur Last gelegt werden.
Im Verfahren gegen sie fanden mehrere Dinge zusammen: Es war sowohl Resultat der gesteigerten linken Militanz als auch der besonderen sächsischen Verhältnisse, wo polizeiliche Sympathien gegenüber Nazis deutlich stärker ausgeprägt sein dürften als z.B. in Berlin oder Hamburg. Dazu kommen die Legitimationsbemühungen der Soko Linx, die trotz fragwürdiger Entstehungsbedingungen und dürftiger Ermittlungsergebnisse immer wieder unter Beweis stellen will und muss, dass sie wirklich nötig ist. Der Job in der Sonderkommission ist trotz der Langeweile, die bestimmt mit ihm verbunden ist, sicherlich noch aufregender als die Verkehrserziehung von Drittklässlern.
Und trotzdem sind wir nicht Lina. Denn wer soll das sein, dieses „Wir“, das auf allen möglichen Flugblättern, Transparenten und Graffiti beschworen wird? Etwa die Linke? Wenn ja, wer gehört dazu, dass „wir“ ihn als Teil von „uns“ begreifen? Umfasst das „Wir“ auch Stalinisten, die den Großen Terror der Dreißigerjahre rechtfertigen und ihre eigenen politischen Erfolge mit Massenerschießungen feiern würden? Oder Maoisten, die gegenwärtig wieder im Aufwind sind und die Kulturrevolution wiederholen wollen, die mehrere Millionen Tote forderte? Und was ist mit den SED-Rentnern, mit denen die Leipziger Berufsempörte Juliane Nagel das Parteibuch teilt, und die nonkonformistische Jugendliche seinerzeit in den Jugendwerkhof steckten, wo sie misshandelt und oftmals gebrochen wurden, weil sie nicht ins Bild der realsozialistischen Moral passten? Gehören sie zu „uns“ – oder besser: zu euch? Oder ein anderes Beispiel: Verbindet euch mehr mit einem bekennenden Antisemiten und Judenmörder von der PFLP als mit einem vernünftigen Liberalen oder selbst Konservativen, nur weil sich der Antisemit als links versteht und – Militanz ist gerade wieder en vogue – eine Kalaschnikow in seinem Vereinswimpel hat?
Auch wenn er es in einem etwas anderen Zusammenhang bemühte, lässt sich in Anlehnung an eine Notiz Max Horkheimers sagen, dass dieses „Wir“ das zentrale Problem, „das Schlechte“, ist: „Der Unterschied zwischen dem Einzelnen und dem Kollektiv wird eingeebnet…“ Im Namen des „Wir“, das keine Nuancen zulässt – und dessen Gegenbild selbstverständlich nicht der atomisierte Einzelne des modernisierten Arbeitsmarktes sein muss –, sind die meisten der genannten Verbrechen begangen worden.
Solidarität hätte Lina E. nicht zu erhalten, weil sie eine von „uns“ ist, sondern weil ihr einige der grundlegenden Prinzipien rechtsstaatlicher Verfahren verwehrt wurden. Selbstverständlich geben wir uns nicht der Illusion hin, dass das bürgerliche Recht ein Gottesgeschenk an die Menschheit oder Ausdruck des Paradieses auf Erden ist. Es dient selbstverständlich dem Zweck, die Besitzverhältnisse aufrechtzuerhalten. Gerade in seinem Grundsatz, dass vor dem Gesetz alle gleich sind, weil der freie Austausch auf dem Markt sonst weniger reibungslos funktionieren würde, liegt jedoch ein Überschuss begründet. Er soll nicht allein vor Willkür schützen, was gerade vor dem Hintergrund der Diktaturen der Vergangenheit und Gegenwart oder der deutschen Entwicklungen der letzten Jahre kaum zu überschätzen ist, sondern in ihm ist zugleich die unter den gegenwärtigen Umständen nicht umsetzbare Vorstellung einer Versöhnung von Freiheit und Gleichheit aufgehoben.
Bei aller berechtigten Kritik am Rechtsstaat wären seine Prinzipien auch darum nicht nur gegen das oft bemühte Schlimmere wie Nationalsozialismus, Stalinismus und Islamismus zu verteidigen, sondern bereits gegen ihre stets drohende Aushöhlung. Wer Antifaschismus nicht nur als Parole begreift, mit der er das eigene Krawallbedürfnis legitimiert, sondern als Reflexion auf historische Erfahrung, hätte somit Verteidiger und Kritiker des Rechts in einem zu sein.
Kritik hätte in diesem Zusammenhang nicht nur an Aktivitäten gegen Leute geübt zu werden, die zum „Wir“ gehören, sondern auch an Maßnahmen gegen politische Gegner und andere wenig sympathische Zeitgenossen. Dazu zählen z.B. auch Hooligans, die laut Beschluss des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vor Fußballspielen schon seit einigen Jahren ohne größeres Pipapo vorsorglich in Polizeigewahrsam genommen werden dürfen, oder sogenannte Querdenker, wenn ihre Grundrechte willkürlich und massiv eingeschränkt werden. Stattdessen beschwert sich die Linke regelmäßig über gegen sie gerichtete Repressionen, um sich im nächsten Augenblick an den Staat zu wenden und an ihn zu appellieren, die Grundrechte von Nazis und anderen unliebsamen Leuten einzuschränken und sie doch bitte, bitte härter zu bestrafen. Sie hat, ähnlich wie der herkömmliche Stammtischbruder, nichts gegen die Rückbildung des Rechtsstaates, die Rücknahme von Freiheitsrechten und möglichst hohe Strafen, wenn es nur die Richtigen und nicht den eigenen Haufen trifft.
Ohnehin scheint es bei den Protesten gegen das Verfahren gegen Lina E. und ihre Mitangeklagten vor allem um die Verteidigung der eigenen Gang gegen den als größere Gang begriffenen Staat samt seiner Polizei zu gehen. Wäre es anders, dann wäre in den letzten drei Jahren nämlich auch etwas anderes thematisiert worden, und zwar das erschreckende Ausmaß an Gewalt, das auch zu den Hintergründen des Prozesses gehört – ganz egal, ob Lina E. und ihre Mitangeklagten nun dafür verantwortlich waren oder nicht. (Wir beteiligen uns nicht an den szeneinternen Spekulationen und Gerüchten, die bisweilen den Charakter von Klatsch und Tratsch annehmen.)
Um gar nicht erst Missverständnisse aufkommen zu lassen: Unser Mitleid mit Nazis, die im Rahmen antifaschistischen Selbstschutzes in ihre Schranken verwiesen werden, hält sich in engen Grenzen. Wir stehen militantem Antifaschismus trotz aller Kritik der Gewalt nicht nur kritisch gegenüber. Dafür kennen wir insbesondere die Verhältnisse in den ländlichen Gegenden des Ostens zu gut – und dazu können wir uns noch zu gut an frühere Zeiten erinnern. Wer aber gezielt mit Hämmern auf Wehrlose einschlägt, wie es in den letzten Jahren nicht nur in den Fällen vorkam, für die Lina E. angeklagt wurde, betreibt allerdings keinen antifaschistischen Selbstschutz; noch nicht einmal offensiven. Er nimmt vielmehr billigend in Kauf, dass sein Opfer dabei stirbt: Schädel halten der Bearbeitung mit schwerem Metall nicht lange stand, das weiß jeder, auch wenn er sonst nichts weiß. Zugleich ist das Vorgehen mit Hämmern Zeichen einer Brutalisierung und Verrohung, wie wir sie zumindest aus den hiesigen Breitengraden bisher nur von Nazis oder Angehörigen des organisierten Verbrechens kannten, die, glaubt man den einschlägigen Mafiafilmen, ebenfalls gern auf Hämmer zurückgreifen, um ihre Opfer zu erledigen.
Dieses Vorgehen wurde in der linken Szene jedoch nicht deshalb kritisiert, weil es sich einfach verbietet, mit einem Hammer auf einen Menschen einzuschlagen, sondern, wenn überhaupt, nur, weil dadurch ein höherer Ermittlungs- und Verfolgungsdruck durch die Polizei entstehe. Vielfach wurde sich sogar positiv auf die Brutalisierung bezogen, für die diese Taten stehen, so u.a. auf Transparenten, die für Antifaschismus warben und mit einem Hammer verziert waren, dem Schriftzug, dass Solidarität „der Hammer“ sei oder der augenzwinkernden Aussage, dass Antifa-Arbeit „hammergeil“ sei.
Dass die Kritik ausblieb und die immer noch fassungslos machende Verrohung im Gegenteil gefeiert wird, zeigt zugleich einen Unterschied zu einigen früheren Debatten über Militanz an. Nachdem die RAF 1977 den Generalbundesanwalt Siegfried Buback ermordet hatte, schrieb ein undogmatischer Linker unter dem Pseudonym Mescalero einen Nachruf auf Buback, der breite Diskussionen auslöste. Darin bekannte er, dass er angesichts des Anschlags zunächst eine „klammheimliche Freude“ empfunden habe. Seine sofort darauffolgenden Überlegungen hätten jedoch ausgereicht, sein „inneres Händereiben zu stoppen“. Denn – so eins der vielen Argumente – der Zweck, „eine Gesellschaft ohne Terror und Gewalt“ zu schaffen, heilige „eben nicht jedes Mittel“. „Unser Weg zum Sozialismus (wegen mir: Anarchie) kann nicht mit Leichen gepflastert werden.“
Das scheinen nicht unerhebliche Teile der linken Szene inzwischen anders zu sehen. Es ist sogar zu bezweifeln, dass es ihnen tatsächlich noch um „eine Gesellschaft ohne Terror und Gewalt“ geht: Nur weil man sich den ohnehin längst entwerteten Begriff der Emanzipation auf den Hammer malt, bedeutet das nicht, dass einem auch tatsächlich daran gelegen ist.
Diese Entwicklung hat viele Gründe, einer steht jedoch mit der Krise der Antifa in Verbindung, die seit vielen Jahren anhält. Genau betrachtet, ist der linke Antifaschismus an seine Grenzen gestoßen. Spätestens seit den Zweitausenderjahren ist er zutiefst staatstragend, zumindest wenn man den Blick von Sachsen löst und die Bundesrepublik als Ganzes betrachtet. Es gibt im Unterschied zu den Neunzigerjahren keine größere etablierte Partei und keine namhaften Politiker mehr, die sich nicht positiv auf den Antifaschismus beziehen, sich lautstark „gegen Rechts“ bekennen und die Bekämpfung von Neonazis für wichtig erachten. Auf allen Kanälen, von Jan Böhmermann bis zur Heute Show, wird erklärt, wie schlimm Neonazis und die AfD seien. In Sachsen-Anhalt wurde der Antifaschismus 2020 sogar ganz offiziell in die Verfassung aufgenommen und zum Staatsziel erklärt.
Um sich überhaupt noch von diesem staatstragenden Antifaschismus abgrenzen zu können, muss die Antifa in die Bereiche von Sprache und Mittel ausweichen. Will heißen: Die verstärkte linke Militanz und der Verbalradikalismus der letzten Jahre sind nicht zuletzt dem Versuch geschuldet, sich doch noch von der Anti-Nazi-Agitation des Staates und seiner Zivilgesellschaft zu unterscheiden. Da es inhaltlich nur wenige Differenzen gibt, bleibt nur die Gewalt.
Das dürfte auch einer der zentralen Gründe für die immense Solidarität sein, die Lina E. entgegengebracht wird. Mit der Parole „Wir sind Lina!“ kann man sich vormachen, trotz aller Affirmation nicht nur kritisch und staatsfeindlich zu sein, sondern dafür auch noch verfolgt zu werden. Aus dem Verfahren und der mit ihm verbundenen Solidaritätskampagne zieht man nicht nur eigene Bedeutung, sondern auch die immer wieder gepriesene Differenz, die es kaum noch gibt.

AG „No Tears for Krauts“
06/2023

#wirsindnichtlina 

Aufruf zur Kundgebung in Frankfurt am Main gegen Antisemitismus, Israel-Hass, Verschwörungstheorien und Geschichtsrelativierung!

28. Mai 2023
16:00 – 20:00
Ludwig-Erhard-Anlage, Frankfurt am Main
facebook​.com/​e​v​e​n​t​s​/​6​5​0​0​3​3​4​8​3​6​0​2​7​68/ 

Für ein starkes Zeichen gegen Antisemitismus, Israel-Hass, Verschwörungstheorien und Geschichtsrelativierung! Gemeinsam für ein Frankfurt ohne Hass und Hetze!

  • 16 Uhr: Beginn Gedenkzeremonie mit Namensverlesung der aus der Festhalle deportierten Juden der Reichspogromnacht 1938
  • 18 Uhr: Beginn Politische Kundgebung mit Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft

Hier der Aufruf aus Frankfurt und um was es geht:
PDF-Flyer: Frankfurt vereint gegen Antisemitismus

Liebe Freundinnen und Freunde,

am Sonntag, dem 28. Mai 2023 plant der antisemitische Musiker Roger Waters an der Frankfurter Messe ein Konzert zu geben. Dieser Auftritt ist Teil einer bundesweiten Tour, dem Frankfurter Event kommt allerdings besondere Bedeutung zu, da hier als einziger Stadt in Deutschland eine Absage der Show versucht worden ist. Dass das Konzert nun auf gerichtlichen Beschluss doch stattfinden kann, versucht die BDS-Bewegung als großen Triumph auszulegen. Ein Bündnis, dem u.a. die Jüdische Gemeinde Frankfurt a.M., das Generalkonsulat des Staates Israel in Süddeutschland und die Deutsch-Israelische Gesellschaft angehören, möchte dagegenhalten. Im Rahmen unserer Bündnisarbeit planen wir eine Protestkundgebung vor der Messe gegen das geplante Konzert. Wir rufen euch dazu auf, euch an unserem Protest zu beteiligen! Dass im Jahr 2023 ein antisemitischer Musiker ungestört ein Konzert geben kann, und das an einem Ort, der für hunderte jüdischer Männer als Zwischenstation in die deutschen Konzentrationslager genutzt wurde, möchten wir nicht zulassen.
Das Programm am 28. Mai 2023 beginnt um 16:00 Uhr. Ab ca. 20:00 Uhr endet die Kundgebung woran sich eine „After-Protest Party“ im Ignatz-Bubis-Gemeindezentrum der Jüdischen Gemeinde Frankfurt a.M. mit Abendessen, Getränken und Cocktails anschließt. Diese endet voraussichtlich um 01:00 Uhr (facebook​.com/​e​v​e​n​t​s​/​2​2​4​6​5​0​8​3​9​5​5​3​4​299).

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Mitmachen wollen sie gern — Oder: Schluss mit den linken Nazimethoden!

In Halle war kürzlich zu sehen, wohin die szenetypische Mischung aus Straf- und Mitmachbedürfnis führt.
 

Es war und ist richtig, gegen die Totalitarismustheorie, die Links und Rechts, Kommunismus und Faschismus, gleichsetzt, anzugehen und auf den Unterschieden zu bestehen. Gerade die Linke machte und macht es einem jedoch nicht immer leicht, weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart, weder im Großen noch im Kleinen. Aber der Reihe nach: Vor einigen Monaten gab eine junge Frau, die genug von den Dummheiten der hallischen Linken hatte, einem bundesweit aktiven AfD-Podcaster ein Interview. Über die genauen Hintergründe lässt sich nur spekulieren. Vielleicht wusste sie nicht, wer nach einigen ihrer kritischen Kommentare in den sozialen Netzwerken bei ihr anfragte, vielleicht wollte sie den Bekanntheitsgrad ihres eigenen Podcasts, der inzwischen wohl zum guten Ton gehört, erhöhen, vielleicht ging es ihr auch um einen Tabubruch.
Über so viel Dusseligkeit, Aufmerksamkeitsbedürfnis oder wahlweise kindlichem Trotz kann man lachen, man kann es auch kritisieren. Beides genügte der hallischen Antifa-Szene jedoch nicht. Obwohl die junge Frau während des Podcasts weder Naziideologie verbreitet noch argumentativ unter das (zugebenermaßen erschreckend niedrige) Stammtischgesprächsniveau des Offenen Antifa-Plenums, der soziokulturellen Zentren „Reilstraße 78“ oder „Galle“ gefallen ist, gilt sie seither als Nazi.
Das bietet Angehörigen der linken Szene wiederum die Möglichkeit, selbst naziähnliche Methoden anzuwenden. So zog vor einigen Tagen ein Mob von einem guten Dutzend Leuten zum Ende oder als Höhepunkt einer Geburtstagsfeier nachts zu der Kneipe, in der die Frau kellnert. Unter ihnen befanden sich mindestens einige, die sich regelmäßig beim Selbstverteidigungstraining gegen Angriffe von Neonazis präparieren. Nachdem der letzte Gast gegangen war, wurde die Frau bedroht, bespottet und beschimpft. Zugleich wurde gegen die Tür oder die Fenster getreten. Die Tür wurde mit antifaschistischen (und als Krönung: antisexistischen) Aufklebern zugeklebt, wohl um im Stil einer Streetgang das eigene Revier zu markieren. Darüber hinaus wurde ein großes Fenster der linksalternativen Kneipe mit dem großen Schriftzug „Nazikneipe!“ (mit drei Ausrufezeichen) beschmiert: Wer mit einem Halbnazi spricht, ist mindestens ein Vollnazi; wer diesen vermeintlichen Vollnazi bei sich arbeiten lässt, führt mindestens ein Naziunternehmen. Unter dem Vorwurf der Kontaktschuld, der kleinen Schwester der Sippenhaft, macht es die hallische Antifa-Szene offensichtlich nicht mehr. Die junge Frau schloss sich jedenfalls aus Angst in der Kneipe ein und verließ den Laden fluchtartig über den Nebenausgang. Wer schon einmal von einem Mob bedroht wurde oder gejagt wurde, weiß, welche Folgen das mitunter haben kann.
Dieser Vorfall zeigt nicht nur, was Angehörige der hallischen Antifa-Szene unter einer Feier und unter Spaß verstehen, nämlich andere fertigzumachen, Gewalt auszuüben und sich wechselseitig aufzustacheln. Er steht zugleich für den Verfall von Freundschaft, die nicht mehr an Nähe und Zuneigung gebunden ist, von denen oft auch dann noch etwas übrigbleibt, wenn die Freundschaft längst auseinandergegangen ist, sondern nur noch an Cliquenzugehörigkeit, mit der sie auf Gedeih und Verderb steht und fällt: Nicht wenige aus der Meute, die die Frau nun bedroht haben, gehörten vor gar nicht so langer Zeit noch zu ihrem engsten Freundeskreis.
Vor allem aber signalisiert der Fall, dass sich die linken Feierlichkeiten und Zusammenkünfte kaum von einem Dorfbesäufnis unterscheiden, wenn sich nämlich der letzte Rest vom Schützenfest, ohne dass es Ein- oder Widerspruch gibt, weil einfach alle mitmachen, zusammenrottet, um sich an einer einzelnen Frau, die zudem ganz offensichtlich Angst hat, abzuarbeiten.
Der zentrale Unterschied dürfte lediglich darin bestehen, dass der Antifa-Mob sein Vorgehen politisiert und sich vormacht, auf der moralisch richtigen Seite zu stehen: Die absurde Markierung der jungen Frau als „Nazi“ und des linksalternativen Ladens als „Nazikneipe!!!“ bot die Möglichkeit, den immer wieder selbst für sich in Anspruch genommenen Antisexismus endlich einmal einen guten Onkel sein zu lassen, die eigenen unterdrückten Triebe auszuleben und mit bestem antifaschistischen Gewissen einer Frau aufzulauern, sie zu bedrohen und fertigzumachen.
Der Vorfall dürfte nicht zuletzt im Kontext einiger der gegenwärtigen Entwicklungen der linken Szene Halles zu verstehen sein. Sein Hintergrund ist der Trend, jede auch nur geringfügige Abweichung von den Umgangsformen und Imperativen der Szene zu sanktionieren und selbst Kränkungen in privaten Beziehungen nicht nur öffentlich auszuwerten, sondern auch noch vors Szenegericht zu bringen. Das trägt zum einen dazu bei, dass das eigene Straf- und Verfolgungsbedürfnis, vor dem unter den gegenwärtigen Verhältnissen kaum jemand gefeit ist, nicht unterdrückt, sondern bereitwillig ausgelebt wird: Die Hemmungen fallen. Zum anderen sinkt die Bereitschaft auszuscheren; der Drang mitzumachen wird größer, weil niemand negativ auffallen oder der nächste sein will, der ein Hausverbot oder einen Besuch auf seiner Arbeitsstelle bekommen will. Trug die Autobiografie Leo Löwenthals den Titel „Mitmachen wollte ich nie“, müsste das eigene Vorgehen trotz der vermeintlich nonkonformen bunten Haare oder des Irokesenhaarschnitts „Mitmachen wollen wir gern!“ heißen. Die Solidarität, auf die sie so stolz sind, dass sie sie sich sogar als Slogan tätowieren lassen, gilt nicht den Einzelnen, sondern der eigenen Clique, der Bande oder dem Kollektiv.
Wir gehen selbstverständlich nicht so weit, zu fordern, die Beteiligten dieser antifaschistischen Version eines Dorfmobs bei ihrer Arbeit, in ihren Uni-Seminaren oder bei Mutti und Vati als das anzuschwärzen, was sie sind: als Angehörige einer durch und durch widerwärtigen Meute. Dieser Form der öffentlichen Anprangerung stehen wir oft selbst bei tatsächlichen Nazis skeptisch gegenüber. Wir nehmen uns aber die Frage heraus, was mit einer Szene nicht stimmt, die dieses Ausmaß an Gruppendynamik, Verblödung und dem Ausfall von Reflexion hervorbringt, und fordern das, was schon in der Überschrift steht: Schluss mit den linken Nazimethoden!
 

AG No Tears for Krauts
04/2023

 

Veranstaltungstipp: The constitution of a failed state — Über die Zustände und Aufstände im Iran

Eine Veranstaltung der AG Antifa Halle:

Donnerstag, 16. März 2023, 19 Uhr
Hörsaal A, Melanchthonianum
Universitätsplatz 9, Halle

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The constitution of a failed state
— Über die Zustände und Aufstände im Iran
Vortrag und Diskussion mit Danyal Casar

In mehr als vierzig Jahren, in denen im Iran Frauen mit Glasscherben und Säure terrorisiert und inhaftierte Frauen gezwungen wurden, sich selbst als „Huren“ zu denunzieren, warteten politisch-staatliche Repräsentanten von Hans-Dietrich Genscher bis Frank-Walter Steinmeier unbeirrt mit einem „kritischen Dialog“ mit dem islamofaschistischen Regime nach dem anderen auf. Bereits in den vergangenen Jahren, als das Auswärtige Amt dem Iran noch zutraute, „Stabilisierungsfaktor in der Region“ (Sigmar Gabriel) zu werden, der „Erhalt der Zahlungskanäle“ für das europäisch-iranische Business zur europäischen „Priorität“ (Heiko Maas) und der Widerstand gegen amerikanische Iran-Sanktionen als ein „Akt europäischer Souveränität“ (französische, britische und deutsche Amtskollegen) erklärt wurden, wurde der Iran wieder und wieder von heftigen Aufständen erschüttert. Unzählige Einrichtungen der Mullahs genauso wie überdimensionale Straßendekorationen – fromme Verse, Märtyrerverehrung, antiisraelische Vernichtungsdrohungen und Fratzenabbildungen von Ali Khamenei, Ruhollah Khomeini und Qasem Soleimani – brannten nieder. Sobald es dem Regime gelungen war, die Aufstände niederzuschlagen und den „Sieg“ über die „Verschwörung der Feinde“ ausgerufen hatte, mahnte auch das Auswärtige Amt, ohne den Schlächtern nahezutreten: „Das Recht auf friedlichen Protest muss gewahrt sein.“ Inzwischen wird auf deutschen Parteitagen der moralische Größenwahn herauskitzelt: „keine Frau im Iran, keine Frau in der Ukraine, keine Frau in Afghanistan oder in Saudi-Arabien darf daran zweifeln, dass wir an ihrer Seite stehen“, sagte Omid Nouripour, während afghanische Frauen, die von den Taliban aus den Universitäten geprügelt werden, genauso allein sind wie iranische Schulmädchen, die derzeit mit einer Talibanisierung der Konterrevolution konfrontiert sind.
Der Vortrag wird sich der Verfasstheit des „Islamischen Staates“ (so der Titel einer Vorlesungssammlung des Staatsgründers Ruhollah Khomeini) im Iran widmen und den Aussichten auf seinen Fall.

Danyal Casar ist Autor von Cosmoproletarian Solidarity und gelegentlicher Gastautor für die Jungle World und sans phrase. 

https://​www​.instagram​.com/​p​/​C​p​l​R​Y​c​t​M​U​KI/

 

Veranstaltungsprogramm der AG Antifa — Winter 2022/23

Nach der Auflösung des AK Antifa durch den StuRa der Uni Halle ist das neue Semesterprogramm der AG Antifa erschienen. Wir empfehlen den Einleitungstext zur Lektüre und wünschen interessante Vortrags- und Diskussionsabende im Herbst/Winter:

Zum Begriff des Antifaschismus

Oder: Warum die Antifaschistischen Hochschultage
in diesem Jahr nicht­ ­an der Hochschule stattfinden

Download des Programmhefts als PDF

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20. Oktober 2022

Buchvorstellung, Vortrag und Diskussion mit Jan Gerber

Das letzte Gefecht.

Zum Niedergang der Linken

 

22. Oktober 2022

Ersti-Party

Schöner Feiern ohne Stura

 

03. November 2022

Vortrag und Diskussion ­mit Justus Wertmüller

Avantgarde is dead.

Über die Rolle moderner Kunst ­in postkolonialen Zeiten

 

17. November 2022

Vortrag und Diskussion ­mit der Gruppe ­Thunder in Paradise

Sozial-ökologische Kriegswirtschaft

 

01. Dezember 2022

Filmvorführung ­mit einer Einleitung von ­Christoph Hesse

Tsahal.

Claude Lanzmann, 1994

 

16. Dezember 2022

Podiumsgespräch ­mit anschließender ­Jahresabschlussfeier

Frieren für Deutschland?

Wie umgehen mit den ­neuen Sozialprotesten

 

United in Love – but only how we want it!

Gerade einmal drei Jahre ist es her, als die AG „no tears for krauts“ unten stehendes Flugblatt auf dem CSD in Halle verteilte. In diesem wurde erklärt, was es mit dem Zeigen von Israelfahnen auf dieser Demonstration auf sich hatte. Die CSD-Demos der Jahre 2018 und 2019 waren zwar gut besucht, sind aber zuletzt noch deutlich größer geworden. Doch nicht nur die Anzahl der Teilnehmer hat sich in den letzten drei Jahren geändert. Während der Christopher Street Day ursprünglich begangen wurde, um an die Kämpfe der Schwulen und Lesben von Stonewall vor 53 Jahren zu erinnern, verschiebt sich der inhaltliche Schwerpunkt nun immer mehr in eine Richtung, die wir vor drei Jahren nicht absehen konnten.
Während die Anzahl homofeindlicher Angriffe, insbesondere von Anhängern der sogenannten Religion des Friedens, weiterhin hoch ist, wird auch in der queeren Szene nicht davor zurückgeschreckt, körperlich gegen lesbische Frauen vorzugehen. Beim Kölner Dyke March wurde eine Gruppe Frauen von mehreren queeren Aktivisten angegriffen und verletzt. Auslöser war neben einigen Transparenten eine Regenbogenflagge mit der Aufschrift „LGB-Lesbe, homosexuell nicht queer“, die von den queeren Blockwarten als transfeindlich erachtet wurde und beseitigt werden sollte.
Auch der CSD in Halle wird gegenwärtig von Queerfeministen dominiert, die jegliche Abweichung ihres sektengleichen Aktivismus massiv bekämpfen. Rigoros wird versucht, Menschen von Demonstrationen zu vertreiben, die von „Frauen“ statt „Flintas“ reden oder die sich prostitutionskritisch äußern. Etwas nachsichtiger gab man sich dagegen, wenn eine junge Frau, wie im letzten Jahr auf dem CSD in Halle, „Scheiß Juden“ zu Leuten sagte, die eine Israelfahne mit sich führten. Die Organisatoren sahen damals keine Notwendigkeit, diese Dame der Demonstration zu verweisen. Dass Antisemitismus nicht weiter stört, ist in Queer-Kreisen schon länger zu beobachten. Judith Butler, die Mutter der queerfeministischen Bewegung, lässt kaum eine Gelegenheit aus, um Israel zu dämonisieren. So ist es nur folgerichtig, dass das großmäulige und hier anwesende „Radikale Flinta-Kollektiv“ zur Teilnahme an der Internationalistischen Queer Pride in Berlin aufrief. Auf diesem antisemitischen Aufmarsch solidarisierte man sich mit „Palästina“ und hetzte so massiv gegen Israel, dass Hamas und Hisbollah weitestgehend zufrieden mit der hippen Performance ihres queeren Nachwuchses aus Europa sein dürften.
Unser Flugblatt, das vor drei Jahren aktuell war, wirkt angesichts dieser Entwicklungen bereits etwas aus der Zeit gefallen. In diesen drei Jahren gelang es den Queerfeministen nicht nur in Halle, verschiedene Institutionen und Gremien an sich zu reißen und unliebsame Meinungsträger heraus zu drängen. Nicht zuletzt aufgrund seiner antisemitismuskritischen Arbeit wurde vom Stura der MLU Halle, der Arbeitskreis Antifaschismus unter dem Vorwand, dieser sei transfeindlich, aufgelöst. Es verwundert kaum, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Mitglieder des Sturas im „Radikalen Flinta-Kollektiv“ mitwirken oder in der queer- und transaktivistischen Szene eingebunden sind. Eben jene Szene, die zusammen mit der Stadtfraktion der „Linken“ kritische Aktivisten in der „Linksjugend Solid“ aus der Gruppe mobbten und ihre geplanten Vorträge mit allen Mitteln verhindern wollten. Der Stura Halle, die diversen Gruppen der „Linken“ und nun auch der CSD werden von Leuten gekapert, die kein Problem mit Israelhass haben und – um propagandistisch Kapital daraus zu schlagen – homofeindliche in transfeindliche Angriffe umlügen. Jüngstes Beispiel dafür ist der tragische Tod von Malte C. auf dem CSD in Münster, der sich einem Mann entgegenstellte, der aus seinem homofeindlichen Weltbild keinen Hehl machte und Frauen auf der Demo als „lesbische Huren“ beleidigte. Dass der Tschetschene in seinem Hass ihn daraufhin totschlug, ist abscheulich. Malte, der in früheren Jahren eine Frau war, musste sterben, weil in der Welt des Mörders weder selbstbewusste Frauen noch Homosexuelle oder Transmenschen eine Daseinsberechtigung haben. Wie pietätlos queerfeministische Propagandisten agieren, wurde im Anschluss der Tat in den sozialen Medien deutlich. Das Motiv des Täters wurde auf Transfeindlichkeit heruntergebrochen und die Schuldigen sofort benannt. Nicht etwa islamische Hassprediger, homofeindliche Erziehung oder „Kulturen“, in denen Homophobie und Antisemitismus tragende Säulen der Identitätsbildung darstellen, haben den Tod von Malte zu verantworten, sondern sogenannte „Terfs“. Also jene Feministen wie Alice Schwarzer, die sich erdreisten, sich kritisch zum Transaktivismus zu äußern, hätten den Täter zur Tat getrieben. Diese dreiste und propagandistische Lüge sowie die Vorstellung, der Mörder von Malte habe sich durch die „Emma“ zur Tat inspirieren lassen, geben ein treffendes Bild ab, wie die transaktivistischen Lautsprecher es mit der Wahrheit halten.
Es ist höchste Zeit, Leuten, die mit Gewalt gegen Menschen, Farbanschlägen, Denunziationen und Drohungen ihre Vorstellungen durchsetzen und jegliche Kritik daran denunziatorisch als „transfeindlich“ abcanceln, die Angriffe auf Lesben begehen und homofeindliche Übergriffe sowie die Motive dahinter umlügen, die antisemitische Beleidigungen nicht weiter interessieren, entschlossen entgegenzutreten und ihnen ihre reaktionären Umtriebe bei jeder Gelegenheit vor die Visage zu halten.
Stonewall means fight back! Smash gay oppression!
Ihre NTFK,
September 2022

Flugblatt
CSD in Gaza!

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer der heutigen CSD-Demonstration,

vielleicht waren einige von Euch schon letztes Jahr dabei, als überraschend viele, überwiegend jüngere Menschen in Halle für die Rechte der Homosexuellen auf die Straße gegangen sind. Vielleicht sind Euch dabei auch einzelne Israelfahnen aufgefallen. Und vielleicht habt Ihr Euch gefragt, warum die Fahnen des jüdischen Staats auf einer solchen Demonstration gezeigt wurden. Das war alles andere als ein Zufall. Weiterlesen