Böses Blut. Über einen autoritären Virus, gegen den kein Zwangstest hilft.

Vortragsveranstaltung mit Tjark Kunstreich (Wien) und Sven Warminsky (Magdeburg)

Vor weniger als zwei Monaten verabschiedete die große Koalition aus CDU und SPD im Magdeburger Landtag ein neues Polizeigesetz, dessen Novellierung bereits im Vorfeld für Aufregung gesorgt hatte. Der Grund: Vorgeblich zum Schutz von Polizeibeamten im Einsatz sollten einem ersten Entwurf zufolge Zwangstests auf HIV und Hepatitis rechtlich ermöglicht und auch ohne vorherige richterliche Zustimmung von der Polizei veranlasst werden können. Während kritische Stellungnahmen der Aidshilfe und des Berliner Robert-Koch-Instituts bei einer ersten Lesung im Juli des letzten Jahres von der Presse weitgehend unbeachtet blieben, sorgte eine weitere Lesung kurz vor dem Internationalen Weltaidstag nicht nur für ein größeres, längst überfälliges Medienecho. Auch die Bundesregierung meldete sich zu Wort und beantwortete eine Anfrage der Linkspartei mit dem Hinweis, dass HIV- und Hepatitiszwangstestungen gegen das Grundgesetz verstoßen würden. Infolge der öffentlichen Skandalisierung konnte die Opposition einen kleinen Teilerfolg erzielen: Zwar sind künftig medizinische Zwangstests auf Infektionskrankheiten möglich, allerdings dürfen diese nicht ohne vorherige richterliche Zustimmung durchgeführt werden.

Die Novellierung des Gesetzes wirft die Frage auf, warum in Sachsen-Anhalt zum Problem wird, was in einigen westlichen Bundesländern bereits Wirklichkeit ist – schließlich gibt es ähnliche gesetzliche Regelungen auch in Niedersachsen und Hessen. Offenbar wird befürchtet, dass in Sachsen-Anhalt die gesetzliche Möglichkeit zur Zwangstestung nicht nur ausgereizt, sondern vielmehr jenseits aller Rechtsstaatlichkeit angewandt werden könnte. Dafür spricht nicht allein die Diskussion um das Gesetz, sondern vor allem die hinlänglich bekannte Situation von Minderheiten in Sachsen-Anhalt und deren Isolation.

Sven Warminsky, Landesgeschäftsführer der Aidshilfe Sachsen-Anhalt, wird vor diesem Hintergrund über die Auswirkungen des Gesetzes auf seine Arbeit und damit vor allem über die Zustände vor Ort und über die Situation von HIV-Infizierten im Osten sprechen.

Über die Vorstellungen und Bedürfnisse, die solchen Gesetzesentwürfen zugrunde liegen, referiert Tjark Kunstreich. Er ist Autor und Publizist und schreibt u.a. für die Zeitschriften Bahamas, Jungle World und Sans Phrase.

Mittwoch 3. April 2013 — 19 Uhr
Melanchthonianum Universitätsplatz Halle (Saale)

Eine Veranstaltung der AG Antifa im Stura der Uni Halle | http://​antifa​.uni​-halle​.de