Hab mich gerne, Postmoderne. Zur Kritik des Poststrukturalismus.

In der Veranstaltungsreihe ›Hab mich gerne, Postmoderne.‹ Antifaschistische Hochschultage 2011 an der Uni Halle:

Michel Foucault: Das Rätsel der Macht.

Vortrag und Diskussion mit Manfred Dahlmann.
Mittwoch, 4. Mai 2011, 19 Uhr
Universitätsplatz, Melanchthonianum Halle (Saale)

Foucaults originäre Leistung besteht darin, den im Selbsthass auf die Voraussetzungen ihrer eigenen Existenz befindlichen westlichen Intellektuellen, die spätestens seit Mitte der 1970er Jahre jeden Wirklichkeitsbezug verloren hatten, sein äußerst traditionelles Wissenschaftsverständnis verkauft zu haben, als könnten seine „nomadischen Untersuchungen“ Wirklichkeit erfassen, ohne ihnen einen universalistischen Wahrheitsanspruch zugrundelegen zu müssen. Darauf hatte die Linke (und mit ihnen alle Geistes‑, Kultur- und Sozialwissenschaftler) lange gewartet: sich kritisch geben zu können, ohne sich der äußerst mühsamen Anstrengung einer Arbeit am Begriff unterziehen zu müssen. Im Rätsel der Macht: überall zu sein, ohne eine substantielle, allgemeine Wirklichkeit „an und für sich“ zu haben, und doch – wenn auch ›nur‹ lokal – allüberall zu erscheinen, reproduziert Foucault in krud-banaler Weise die gängigen, von der Aufklärung und der Kritischen Theorie längst enttarnten Mysterien bürgerlichen Selbstverständnisses und ›modernisiert‹ dabei nichts Anderes als die Nazi-Philosophie des Ziehvaters auch aller ihm nachfolgenden Postmodernen: die von Martin Heidegger.

Manfred Dahlmann ist assoziiert in der Initiative Sozialistisches Forum Freiburg. Er ist Mitherausgeber der Bücher „Geduld und Ironie. Johannes Agnoli zum 70. Geburtstag“ (Freiburg 1995) und „Kritik der Politik. Johannes Agnoli zum 75. Geburtstag“ (Freiburg 2000).

 

Die Antiquiertheit des Sexus. Zur Kritik der postmodernen Körpertechnologie.

Vortrag und Diskussion mit Magnus Klaue.
Mittwoch, 18. Mai 2011, 19 Uhr
Melanchthonianum Universitätsplatz Halle (Saale)

Zur neuesten Tendenz postmoderner Genderpolitik gehört der Versuch, die geschlechtertheoretischen Prämissen der Arbeiten von Judith Butler et al. in einer Weise praktisch werden zu lassen, die die altlinke Formel vom Privaten, das politisch sei, in denkbar bedrohlichster Weise zu verwirklichen verspricht. Beatriz Preciados „Kontrasexuelles Manifest“, das den Hass auf Sexus und Trieb selbstbewusst im Titel führt, sowie die „gendertechnologischen“ Schriften Donna Haraways sind die Referenztexte einer gender- und queerlinken Bewegung, die jeden Einzelnen auffordert, die Abschaffung des Leibes zugunsten des „Körpers“ und den Rückbau des Ich zum bewusstlosen Knotenpunkt blinder „Konstitutionsprozesse“ mit Haut und Haaren an sich selbst zu exekutieren. Der anti-humanistische „neue Mensch“, der dabei entstehen soll und wahlweise als „Mensch-Maschine“ oder „Cyborg“ figuriert, hat kein Unbewusstes und kein Triebschicksal, keine Geschichte und kein Begehren mehr. Seine Symbolwelt steht Preciado gemäß nicht mehr im Banne des „Phallus“, sondern des „Dildos“, des puren Konstrukts, das die reale Erfahrung der Verschränkung von Sexualität und Herrschaft liquidiert, indem es Intersubjektivität und Herrschaft konvergieren lässt. In seiner Welt gibt es weder Intimität noch individuelle Liebe, die Impulse der kindlichen Sexualität sind ebenso getilgt wie die Erfahrung der Sterblichkeit des menschlichen Körpers. Sexualität, von jedem Einzelnen als angstbesetzt und rätselhaft empfunden, soll kommensurabel gemacht werden, indem sie zum puren Vollzug eines allgemeinen Gesetzes erniedrigt wird: lästig, aber nötig, frei von jedem Glücksversprechen und damit auch von
der Angst vor Enttäuschung. In Anschluss an Günther Anders’ Theorem von der „Antiquiertheit des Menschen“ möchte der Vortrag zeigen, dass die Postmoderne damit endgültig zur praktischen Ethik individueller Selbstauslöschung wird, wie Anders sie in Heideggers Technikbegriff, den der deutsche Faschismus zu verwirklichen suchte, angelegt sah.

Magnus Klaue ist freier Autor und schreibt unter anderem für „Bahamas“ und „Jungle World“.

 

Der Diskurs zum Tode.
Poststrukturalismus als deutsche Ideologie.

Vortrag und Diskussion mit Martin Dornis.
Mittwoch, 20. April 2011, 19 Uhr
Melanchthonianum Universitätsplatz Halle (Saale)

Dass Geschlecht, Rasse und Nation Konstrukte sind, die durch nationalistische, sexistische, rassistische oder antisemitische Diskurse erzeugt werden und denen durch die Methode der Dekonstruktion entgegengearbeitet werden könne und müsse, ist in der heutigen radikalen Linken ideeller Gemeinplatz. Poststrukturalistische Autoren wie Judith Butler und Michel Foucault, aber auch Gilles Deleuze und Jacque Derrida sind en vogue.Vielfach werden sie mit Marx und Ansätzen der kritischen Theorie Horkheimers und Adornos gemixt, hätten sie alle doch angeblich ein gemeinsames Bestreben, nämlich dem Besonderen und Unterdrückten eine Stimme zu verleihen und es zu befreien. Der Vortrag will Herkunft und Wirkung des postmodernen und poststrukturalistischen Denkens darlegen und es der Kritik unterziehen. Anhand ausgewählter linksradikaler Publikationen werden die teilweise verheerenden Folgen dieser Art von Theorie für linksradikales Denken und ihre gegensätzliche Stellung zu einer materialistischen Gesellschaftskritik aufgezeigt.

Martin Dornis ist freier Autor/Referent und wohnt in Leipzig. Er versteht sich als materialistischer Gesellschaftskritiker.

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